Revier Riviera - 2005
Eingeladener Wettbewerb, Landschaftskunstpreis Schöningen
Der Standort Schöningen vereint insbesondere drei Eigenheiten mit sehr unterschiedlichen Zeitebenen und Bedeutungsschichten, die ihn gemeinsam einzigartig machen:
- die wissenschaftlich relevante Fundstätte der Schöninger Speere
- den wirtschaftlich grundlegenden Abbau von Kohle im Untertage- und Tagebau und deren Verarbeitung
- die gesellschaftshistorisch bedeutende Lage am ehemaligen innerdeutschen Grenzgebiet und heute am besten erhaltenen innerdeutschen Grenzdenkmal.
Gemeinsam, in ihrer ungewöhnlichen Kombination, lassen sie den Standort kraftvoll werden.
Auf der Suche nach einem Begriff oder einer Metapher, die diese drei Merkmale zu umfangen vermag zeigen wir in Schöningen ein REVIER mit
drei unterschiedlichen menschlichen "Jagdgründen" auf:
Die Schöninger Speere dienten den frühen Menschen bei ihrer Jagd auf Tiere, als älteste Jagdinstrumente aus Holz wurden sie zu wichtigen
Datierungshilfen für die Menschheitsgeschichte. Eine weit sichtbare Jagd des Menschen nach Rohstoffen ist der landschaftsverändernde
Abbau der Braunkohle. Die Bereitschaft einer Jagd von Menschen auf Menschen schließlich verkörpert die ehemalige Grenzanlage in Hötensleben.
Der Begriff REVIER verbindet die drei wesentlichen Charakteristika Schöningens und lässt zugleich gedanklichen Platz für eine individuelle Füllung.
Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes REVIER weist in die Richtung der angestrebten Folgenutzung:
Aus der lateinischen über die altfranzösische und altniederländische Fassung gebildet ist das REVIER im ursprünglichen Sprachgebrauch eine
"Ufergegend entlang eines Gewässers" und somit direkt verwandt mit dem Wort RIVIERA.
Dieses etymologische Wortspiel wird uns zum Programm.
REVIER _ RIVIERA besteht aus einem dreistufigen Konzept, das unterschiedliche Stadien innerhalb der Entwicklung der Landschaft zum Fokus hat:
- Die Begleitung und Thematisierung der Seebildung
- Die Nutzung des sich füllenden und gefüllten Sees
- Die Einbeziehung verwandter Aktivitäten, Projekte, Stätten in ein übergeordnetes Museumskonzept
Die einzelnen Projekte können unabhängig voneinander oder aufeinander aufbauend, sich ergänzend, realisiert werden. Sie sind eine Konzeption näherer und zukünftiger Visionen für das Schöninger Gebiet.
DREI REVIERE
Schrift:
An drei verschiedenen Standorten wird das Wort REVIER geschrieben - jeweils auf die Böschung der ehemaligen Tagebaugrube im Südfeld.
Die drei Standorte markieren die dreifache Wortbedeutung des Begriffs im Schöninger Umfeld:
Jagdrevier (Standort: Fundstelle der Schöninger Speere)
Braunkohlerevier (Standort: vor dem ehemaligen Kraftwerk Offleben)
Grenzrevier (Standort: vor dem Grenzdenkmal Hötensleben)
Die Größe der Schrift ist so gewählt, dass sie jeweils vom gegenüberliegenden Ufer gut lesbar ist. So wird sie auch zu einer Art
Leitsystem, das die relevanten Orte am See anzeigt und Lust auf Entdeckung weckt.
Ausgeführt werden die Schriftzüge in unterschiedlichen Farben, die in lockerer Assoziation zum jeweiligen thematischen Umfeld stehen. Die Schrift schließt mit Bodenniveau ab und wird eingefasst durch Metallbänder, Holz- oder Steinprofile.
Das Wasser des Sees steigt an, die Schrift verschwindet langsam, der Strand liegt am Wasser: Das Revier ist zur Riviera geworden. Die drei Schriftzüge werden im Laufe der Seebildung langsam verschwinden. Sie sind allerdings so hoch angelegt, dass sie direkt unterhalb der künftigen Wasserkante liegen und somit fast bis zum Ende des Verfüllungsprozesses zu sehen sein werden.
Strand:
Die Schriftzüge gehen jeweils über in einen Sandstand, der sich von der zukünftigen Wasserkante bis über den Grubenrand erstreckt.
Diese drei Strände sollen bereits während der Seebildung zugänglich sein. Sie bieten einen attraktiven Ort zur Beobachtung der landschaftlichen
Veränderungen. Nach abgeschlossener Füllung des Sees werden sie zu Badestränden. Der Prozess der überspülung der Schriften ist ein Bild für
den Identitätswechsel der Region: Die ehemaligen Reviere werden von einer neuen Nutzung überlagert, die aber mit den Ausstellungen innerhalb
der Pavillons und den Strandnamen noch auf die Wurzeln verweist. Die Reviere werden zur Riviera.
Der Prozess der überspülung der Schriften ist ein Bild für den Identitätswechsel der Region: Die ehemaligen Reviere werden von einer neuen Nutzung überlagert, die aber mit den Ausstellungen innerhalb der Pavillons und den Strandnamen noch auf die Wurzeln verweist. Die Reviere werden zur Riviera.
Pavillon:
Am oberen Strandbereich steht jeweils ein Pavillon. Jeder dieser drei Pavillons hat die Funktion einer großen Vitrine. Hier soll es
Dauer- oder auch Wechselausstellungen geben zu den jeweiligen "Füllungen" des Begriffs Revier: Am Jagdrevier-Strand eine Dokumentation zu
der archäologischen Fundstätte der Schöninger Speere, am Braunkohlerevier-Strand eine Dokumentation zur Geschichte des Abbaus in der
Region und am Grenzrevier-Strand eine Dokumentation zur innerdeutschen Grenze und den individuellen Auswirkungen auf die Region. Die Farbe
der Pavillons entspricht der jeweiligen Farbe der Schriftzüge, so dass diese eine Einheit bilden.